Der Rückgang der Feldlerchen und die Ursachen
Haben Du und Deine Kinder in diesem Frühling und Frühsommer schon den wunderbaren Gesang der ins Blau aufsteigenden Lerche gehört? Dies ist eher unwahrscheinlich.
Mehr als die Hälfte aller Feldlerchen in Europa und Deutschland sind seit 1980 verschwunden.
„Verschwunden“ ist ein seltsam verharmlosender Neusprech-Begriff. Ausgerottet trifft die Realität in Zeiten des globalen Artensterbens wesentlich besser.
Die Bestände der weit verbreiteten Feldlerche sind im Zeitraum von 1980 bis heute europaweit sowie in Deutschland um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Doch die aktuelle Debatte um das globale und bundesweite Lerchen-Sterben und das Vogelsterben und seine Ursachen führt an einer Stelle in die Irre. Wir diskutieren das große Sterben als ein Phänomen der letzten 30 Jahre. Doch das Sterben hat mit DDT, E 605 und anderen brutalen Agrargiften und dem daraus folgenden Insektenschwund schon viel früher begonnen. Das aktuelle Vogelsterben ist „nur“ die Ausrottung des verbliebenen Rests. Das gilt nicht nur für die Vögel, sondern auch für das Sterben der Insekten und für das große globale Artensterben.
Die letzten Jahrzehnte waren keine gute Zeit für die Lerchen, Landschaft, Natur und Artenvielfalt. Die Menschheit hat einer internationalen Untersuchung zufolge schon mehr als 1.400 Vogelarten ausgerottet. 600 Millionen Vögel haben die Staaten der EU in den letzten vier Jahrzehnten verloren – das entspricht rechnerisch einem Verlust von 40 000 Vögeln Tag für Tag. Weltweit beschleunigt sich das Artensterben und ein UN-Bericht sagt, dass etwa eine Million Tier- und Pflanzenarten in den kommenden Jahrzehnten für immer ausgerottet könnten und dieser verheerende globale Trend spiegelt auch die Realität in Deutschland. Die „Große Beschleunigung“ des Wachstums und die damit verbundene Artenausrottung entwickelt sich global gerade zu einer verheerenden Turbobeschleunigung.
Wesentliche Ursache für das Verschwinden der Feldlerche ist die Verwandlung der Landwirtschaft in eine Agrarfabrik und der damit verbundene Rückgang von geeignetem, wenig intensiv genutztem Grünland. Bauensterben und Vogelsterben stehen in einer engen Wechselbeziehung. Während sich die Artenausrottung beschleunigt, erleben wir auch in Sachen Naturschutz gerade eine libertär-konservative „Zeitenwende Rückwärts“ in den USA, in Europa, aber auch in Deutschland. Der von gut organisiertem Egoismus geprägte Kampf gegen dringend benötigte neue Nationalparke war und ist gerade in Deutschland erschreckend erfolgreich. Die Naturschutzbewegung muss endlich aufhören, die Ursachen des Artensterbens in vorgegebenen, putzigen Nischen zu suchen und aufhören, sich mit Nischen-Problemlösungen zufriedenzugeben.
Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein (vermisst den Gesang der ins Blau aufsteigenden Lerchen am Oberrhein) |